Beschluss: einstimmig beschlossen

Abstimmung: Ja: 15, Nein: 0

Sachverhalt:

 

Auf dem Anwesen Ringstraße 5 in Neubrunn, Grundstück Fl. Nr. 351/1, Gemarkung Neubrunn, ist geplant, den vorhanden Getränkemarkt zu einer Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber mit einer Aufnahmekapazität von 60 Personen umzubauen. Darüber wurde ein Bauantrag nach Art. 64 Bayer. Bauordnung (BayBO) bei der Gemeinde eingereicht. Die mit Ersteingangsdatum vom 13.01.2016 versehenen Planunterlagen sind zur Ergänzung bzw. Einholung der Nachbarunterschriften zurückgegeben und am 26.01.2016 erneut vorgelegt worden.

 

Die Gemeinde hat nach Eingang der Bauantragsunterlagen eine Prüfung der Antragsunterlagen vorzunehmen und eine Stellungnahme zum Antrag der Bauaufsichtsbehörde (Landratsamt Würzburg) vorzulegen (Art. 64 Abs. 1 BayBO).

 

Das Bauvorhaben kommt im unbeplanten Innenbereich (Dorfgebiet) zur Ausführung und ist daher nach § 34 BauGB zu beurteilen. Hiernach sind Vorhaben zulässig, wenn sie sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung –MD- einfügen und die Erschließung gesichert ist.

 

Die geplante Gemeinschaftsunterkunft (Wohnheim) ist begrifflich ein Gebäude (Art. 2 Abs. 2 BayBO), der Gebäudeklasse 3 (Art. 2 Abs. 3 Satz. 1 Nr. 3 BayBO) zugeordnet und als Sonderbau nach Art. 2 Abs. 4 Nr. 11 BayBO zu klassifizieren. Es dient der Unterbringung von Personen und ist in Betrachtung der Gesamtsituation von nicht abgeschlossenen Wohneinheiten bzgl. des Brandschutzes und der Rettungswegesituation besonders zu würdigen.

 

Dem Bauantrag ist kein Nachweis des Brandschutzes mit Darstellung der Rettungswege (§ 3 Zif. 5 i. V. m. § 11 BauVorlV beigefügt.

 

Ferner fehlen die Unterschriften der Nachbarn (Art. 66 Abs. 1 BayBO).

 

Die Stellungnahme der Gemeinde zum Bauantrag beschränkt sich auf planungsrechtliche Aspekte. Danach ist das Bauvorhaben, welches im unbeplanten Innenbereich zur Ausführung kommen soll, unter den materiell-rechtlichen Vorgaben des § 34 Abs. BauGB zu bewerten. Das heißt, es ist das Einfügungsgebot zu beachten. Danach kann im Einzelfall ein gewerblich genutztes Gebäude auch zu Wohnzwecken als „Wohnheim“ umgenutzt werden (§ 34 Abs. 3a S. 1 BauGB), wenn es auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen  Belangen vereinbar ist.

 

Da mit Neuregelung des § 246 Abs. 8 BauGB der Kreis der Bestandsgebäude auf jegliche bauliche Anlagen erweitert wurde, hat sich auch die Abgrenzung der Nutzungsarten von gewerblicher Nutzung zu wohnlicher Nutzung verändert. Es findet somit eine Angleichung dieser unterschiedlichen Nutzungsformen statt. Insoweit ist hier eine gesetzlich gewollte Einfügungsvorgabe gegeben, die planungsrechtlich unter Beachtung der vorhandenen Umgebungsbebauung rechtlich zulässig ist. In unmittelbarer Nachbarbebauung sind Wohnanwesen und gewerblich genutzte Lagergebäude vorhanden.

Das Einfügungsgebot muss sich somit auf das Wesentliche beziehen und stellt einzig auf die bauliche Anlage als solche ab. Das Gebäude als solches ist vorhanden und in die Umgebungsbebauung eingebunden.

Jedoch ist unter Betrachtung der in der unmittelbaren Nachbarschaft vorhandenen baulichen Anlagen überwiegend eine Nutzung mit Ein- und Zweifamilienwohngebäuden gegeben. Mit der Unterbringung von 60 Personen auf einer Nutzfläche von 938,75 m² (ohne Funktions- und Verkehrsflächen = 134,09 m²) werden die Interessen der Anlieger an einer den allgemeinen Wohnbedürfnissen ausgerichteten Nutzung gestört sein. Hier stellt sich die Frage der Sozialverträglichkeit der Nutzungsänderung unter dem Aspekt des baurechtlich geforderten Einfügungsgebots, wenn die Umgebungsbebauung mit ihrer offenen Siedlungsstruktur durch die punktuell massiv bewohnten Baulichkeit des Wohnheims überlastet wird.

 

Mit der Nutzungsänderung sind weitere Abstandsflächen innerhalb des Gebäudekomplexes verbunden, die untereinander kollidierend sind. Dem Bauantrag liegt darüber ein Befreiungsantrag bei, über den die Bauaufsichtsbehörde im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens entscheidet. Auch im rückwärtigen Bereich des Anwesens wird die Abstandsfläche nicht auf dem Grundstück zum Liegen kommen, allerdings ist dies ein unveränderter Altbestand und durch die befreiende Abstandsflächenregelung des Art. 6 Abs. 2 Satz 2 BayBO (Abstandsfläche bis zur Straßenmitte) gedeckt.

 

Für diese Abweichungen wurde mit Schreiben vom 12.01.2016 Antrag auf Abweichung gem. Art. 63 Abs. 1 BayBO gestellt. Nach den Antragsunterlagen und den Plansätzen sind diese Abweichungen geringfügig.

 

Die Antragsunterlagen sind von den Nachbarn nicht abgezeichnet. Der Antragsteller hat verweisend auf Art. 66 Abs. 1 BayBO Antrag auf Benachrichtigung der Nachbarn durch die Gemeinde gestellt. Hier ist darauf zu verweisen, dass die Einholung von Nachbarunterschriften rein verfahrensrechtlicher Natur im Sinne des Bayer. Verwaltungsverfahrensgesetzes ist und Einfluss auf das bei der Bauaufsichtsbehörde geführte Baugenehmigungsverfahren hat und für die Stellungnahme der Gemeinde nachrangig ist. Sie ist nicht verpflichtet, die Unterschriften einzuholen und kann in Anbetracht der vorhandenen ablehnenden Haltung der Anlieger darauf verzichten.

 

Die Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 u. 2 BauGB sind nicht als erfüllt anzusehen, da insbesondere der Brandschutz, der auch Auswirkungen auf die Umgebungsbebauung hat, als nicht gesichert anzusehen ist.

 

Der Vorsitzende erläutert die Planung für eine Gemeinschaftsunterkunft.

 

Ein Nachbar hat eine Stellungnahme über seine Bedenken zu der Gemeinschaftsunterkunft abgegeben. Hierin werden u.a. auch die Brandschutzsituation zum Nachbaranwesen und die frühere Nutzung hochgiftiger Stoffe in diesem Gebäude angemerkt.

 

Von Seiten des Gemeinderates werden ebenso Bedenken und Hinweise vorgebracht:

 

Nach Art. 57 GO ist die Gemeinde u. a. für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zuständig. Dies umfasst natürlich den Brandschutz, aber aus Sicht des Marktgemeinderates ist es genauso wichtig, die Sozialverträglichkeit, die Gesundheit und damit Konfliktpotential innerhalb, aber auch außerhalb der Gemeinschaftsunterkunft zu minimieren.

In den Reihen des Gemeinderates wird lebhaft diskutiert. Da insgesamt 60 Personen in dieser Unterkunft untergebracht werden sollen, die wahrscheinlich versch. Glaubensrichtungen haben, stellt sich bei der geringen Anzahl von Gemeinschaftsräumen die Frage, wie ein Betreuungs- und Beschäftigungskonzept aussieht oder ob ein Sicherheitskonzept, bzw. ein 24-h-Ansprechpartner vor Ort vorhanden ist.

Drei Stellflächen werden als zu wenige angesehen. Ebenso stellt sich die Frage, wie eine Ertüchtigung des Objektes nach Ablauf (2019) der befristeten Ausnahme aus § 246 BauGB (Einhaltung EnEV, Immissionsradius landwirt. Betrieb, usw.) erfolgt.

Es wird weiterhin festgestellt, dass in der Planung keine Rettungs- und Fluchtwege dargestellt sind, Brandabschnitte und Brandwände sind ebenfalls nicht erkennbar.

Gemeinderätin Elisabeth Rieck verliest ein dreiseitiges Schreiben, in welchem sie ihre Gedanken zur geplanten Unterkunft zum Ausdruck bringt.

Folgende Fragen werden mit dem Bauherrn geklärt:

-          Sicherheitskonzept / 24-h vor Ort Ansprechpartner?

-          Gesundheitsschutz (Feuchtigkeit, Giftstoffe)?

-          Anzahl der Stellplätze?

-          Betreuungs-, / Beschäftigungskonzept?

-          Ertüchtigung des Gebäudes nach Ablauf der Ausnahme §246 BauGB (EnEV, Immission, usw.)?

-          Brandschutz?

Die offenen Fragen werden zunächst mit dem Bauherrn geklärt. Dann kann eine Entscheidung zu dem Baugesuch getroffen werden.


Beschluss:

 

Die offenen Fragen zur Errichtung einer Gemeinschaftsunterkunft in der Ringstraße werden zunächst mit dem  Bauherrn geklärt. Aus diesem Grund wird die Entscheidung zur Nutzungsänderung auf eine weitere Sitzung vertagt.