Sitzung: 06.02.2018 Marktgemeinderat Neubrunn
Beschluss: einstimmig beschlossen
Abstimmung: Ja: 14, Nein: 0
Sachverhalt:
Es stellt sich
hier grundsätzlich die Frage, warum sollen Ratten eigentlich bekämpft werden?
Allgemeiner
Grundsatz (Wikipedia)
Die
Rattenbekämpfung hat das Ziel, das Vorkommen von frei lebenden Ratten im Umfeld
menschlicher Siedlungen zu verhindern (Tilgungsprinzip) oder zumindest klein zu
halten (Schadschwellenprinzip), um
-
Seuchengefahr,
-
Vernichtung von
Lebensmitteln sowie
-
Schäden und
-
Verschmutzungen durch
die Tiere gering zu halten.
Die
Rattenbekämpfung ist eine Aufgabe des Kanalbetriebes und dient der Infektionsgefahr
(Leptospirose) bei Einwirkung von Rattenurin auf verletzte Körperteile
entgegenzuwirken.
Verpflichtet zur
Rattenbekämpfung sind Eigentümer der Abwasseranlagen
-
Bei Befall unverzüglich
bekämpfen,
-
Einsatz nur von
zugelassenen Mitteln und Geräten,
-
Die Sicherheit von
Mensch und Tier muss gewährleistet sein,
-
Tote Ratten sind
unverzüglich und Köder nach Maßnahmenschluss zu beseitigen,
-
Bauliche Mängel und
Strukturmängel sind soweit als möglich zu beseitigen.
Bei der Tötung
der Tiere ist das Tierschutzgesetz zu beachten.
Tierschutzgesetz
§ 4
(1) Ein Wirbeltier darf nur …unter Vermeidung von Schmerzen getötet werden.
… Ein Wirbeltier töten darf nur, wer die dazu notwendigen Kenntnisse und
Fähigkeiten hat. Wahl von Mittel und Verfahren, dass § 4, Abs. 1 Tierschutzgesetz
erfüllt wird.
Somit benötigen
Kanalnetzbetreiber für die Rattenbekämpfung Kenntnisse und Fähigkeiten. Auch
dürfen nur die zugelassenen gerinnungshemmenden Rodentizide eingesetzt werden.
Diese zugelassenen Präparate sind heute aber auch nicht mehr ohne weiteres
einsetzbar.
In der
Biozidverordnung EU 528/2012 wird der
Einsatz von Bioziden als „unannehmbares Risiko“ bewertet. Dennoch ist deren
Einsatz mit Risikominderungsmaßnahmen durch veränderte Köderdarbietung oder
Tötungsmethoden möglich. Diese neuen Methoden erfüllen auch die Anforderung des
WHG „Stand der Technik“ bei der Rattenbekämpfung.
Untersuchungen
haben ergeben, dass sich die Wirkstoffe der Köder in der Umwelt anreichern, da
sie schwer abbaubar sind. In Neubrunn schwemmen viele verlegte Köder einfach
weg und belasten die Umwelt. Zudem kann hierdurch nicht zweifelsfrei
festgestellt werden, ob die Köder gefressen wurden und hierdurch eine
Rattenbekämpfung erfolgte oder ggfs. bereits eine Resistenz gegeben ist.
Weggeschwemmte Köder aufgrund erhöhtem Wassereintrags oder Hochwasser
verfälschen hier das Bild zusätzlich.
Auswirkung der Risikominderungsmaßnahmen
-
weniger Gift in der
Umwelt.
-
Bekämpfung ist mit mehr
Aufwand verbunden für die Mitarbeiter aber weniger gesundheitsbelastend. Das
bisherige Fachpersonal muss neu geschult werden. Zudem wird die Dokumentation
immer wichtiger.
-
Biozid-freie Methoden
treten in den Vordergrund.
Möglichkeiten
hier neben grundsätzlichen Präventivmaßnahmen, wie keine Essensreste in die
Kanalisation eintragen sind:
-
Erschlagen der
Schadnager mit Bolzenschussapparaten, welche in die Kanalisation eingebracht
werden – funktioniert in Dimensionen DN 100 – 300. Vorteil hier weiterhin durch
eine spezielle Überwachungssoftware kann der Erfolg elektronisch dokumentiert
werden.
-
Weiterhin vergiften der
Schadnager aber mit Köderboxen und nicht frei verlegten Ködern. Box ist ohne
Einstieg in den Schacht einsetzbar. Vorteil hier weiterhin durch eine spezielle
Überwachungssoftware kann der Erfolg elektronisch dokumentiert werden. Keine
Bindung an einen Rohrdurchmesser.
Beide Systeme bedingen weniger
Schachtöffnungen und damit einen erhöhten Arbeitsschutz (Ex-Schutz Zone 1)
Beide Varianten ermöglichen eine
rechtssichere Umsetzung des durch das WHG geforderten „Stands der Technik“.
Es wird seitens der Verwaltung vorgeschlagen,
dass beide Systemanbieter ihr Produkt dem Gremium vorstellen, um hier eine
Entscheidung für das weitere Vorgehen unter dem Blickwinkel des jeweiligen
Produktes fällen zu können. Grundsätzlich erfüllen beide Systeme eine
biozidfreie Schädlingsbekämpfung und eine entsprechende Dokumentation selbiger.
Beschluss:
Der Gemeinderat befasst sich mit der Thematik und wird beide Hersteller zu einer der nächsten Sitzungen einladen, um ihre Produkte vorzustellen. Danach kann eine Entscheidung getroffen werden.