Beschluss: einstimmig beschlossen

Abstimmung: Ja: 14, Nein: 0

Sachverhalt:

 

Es stellt sich hier grundsätzlich die Frage, warum sollen Ratten eigentlich bekämpft werden?

Allgemeiner Grundsatz (Wikipedia)

Die Rattenbekämpfung hat das Ziel, das Vorkommen von frei lebenden Ratten im Umfeld menschlicher Siedlungen zu verhindern (Tilgungsprinzip) oder zumindest klein zu halten (Schadschwellenprinzip), um

-          Seuchengefahr,

-          Vernichtung von Lebensmitteln sowie

-          Schäden und

-          Verschmutzungen durch die Tiere gering zu halten.

Die Rattenbekämpfung ist eine Aufgabe des Kanalbetriebes und dient der Infektionsgefahr (Leptospirose) bei Einwirkung von Rattenurin auf verletzte Körperteile entgegenzuwirken.

Verpflichtet zur Rattenbekämpfung sind Eigentümer der Abwasseranlagen

-          Bei Befall unverzüglich bekämpfen,

-          Einsatz nur von zugelassenen Mitteln und Geräten,

-          Die Sicherheit von Mensch und Tier muss gewährleistet sein,

-          Tote Ratten sind unverzüglich und Köder nach Maßnahmenschluss zu beseitigen,

-          Bauliche Mängel und Strukturmängel sind soweit als möglich zu beseitigen.

Bei der Tötung der Tiere ist das Tierschutzgesetz zu beachten.

Tierschutzgesetz § 4

(1)  Ein Wirbeltier darf nur …unter Vermeidung von Schmerzen getötet werden. … Ein Wirbeltier töten darf nur, wer die dazu notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten hat. Wahl von Mittel und Verfahren, dass § 4, Abs. 1 Tierschutzgesetz erfüllt wird.

Somit benötigen Kanalnetzbetreiber für die Rattenbekämpfung Kenntnisse und Fähigkeiten. Auch dürfen nur die zugelassenen gerinnungshemmenden Rodentizide eingesetzt werden. Diese zugelassenen Präparate sind heute aber auch nicht mehr ohne weiteres einsetzbar.

In der Biozidverordnung  EU 528/2012 wird der Einsatz von Bioziden als „unannehmbares Risiko“ bewertet. Dennoch ist deren Einsatz mit Risikominderungsmaßnahmen durch veränderte Köderdarbietung oder Tötungsmethoden möglich. Diese neuen Methoden erfüllen auch die Anforderung des WHG „Stand der Technik“ bei der Rattenbekämpfung.

Untersuchungen haben ergeben, dass sich die Wirkstoffe der Köder in der Umwelt anreichern, da sie schwer abbaubar sind. In Neubrunn schwemmen viele verlegte Köder einfach weg und belasten die Umwelt. Zudem kann hierdurch nicht zweifelsfrei festgestellt werden, ob die Köder gefressen wurden und hierdurch eine Rattenbekämpfung erfolgte oder ggfs. bereits eine Resistenz gegeben ist. Weggeschwemmte Köder aufgrund erhöhtem Wassereintrags oder Hochwasser verfälschen hier das Bild zusätzlich.

Auswirkung der Risikominderungsmaßnahmen

-          weniger Gift in der Umwelt.

-          Bekämpfung ist mit mehr Aufwand verbunden für die Mitarbeiter aber weniger gesundheitsbelastend. Das bisherige Fachpersonal muss neu geschult werden. Zudem wird die Dokumentation immer wichtiger.

-          Biozid-freie Methoden treten in den Vordergrund.

Möglichkeiten hier neben grundsätzlichen Präventivmaßnahmen, wie keine Essensreste in die Kanalisation eintragen sind:

-          Erschlagen der Schadnager mit Bolzenschussapparaten, welche in die Kanalisation eingebracht werden – funktioniert in Dimensionen DN 100 – 300. Vorteil hier weiterhin durch eine spezielle Überwachungssoftware kann der Erfolg elektronisch dokumentiert werden.

-          Weiterhin vergiften der Schadnager aber mit Köderboxen und nicht frei verlegten Ködern. Box ist ohne Einstieg in den Schacht einsetzbar. Vorteil hier weiterhin durch eine spezielle Überwachungssoftware kann der Erfolg elektronisch dokumentiert werden. Keine Bindung an einen Rohrdurchmesser.

Beide Systeme bedingen weniger Schachtöffnungen und damit einen erhöhten Arbeitsschutz (Ex-Schutz Zone 1)

Beide Varianten ermöglichen eine rechtssichere Umsetzung des durch das WHG geforderten „Stands der Technik“.

Es wird seitens der Verwaltung vorgeschlagen, dass beide Systemanbieter ihr Produkt dem Gremium vorstellen, um hier eine Entscheidung für das weitere Vorgehen unter dem Blickwinkel des jeweiligen Produktes fällen zu können. Grundsätzlich erfüllen beide Systeme eine biozidfreie Schädlingsbekämpfung und eine entsprechende Dokumentation selbiger.


Beschluss:

 

Der Gemeinderat befasst sich mit der Thematik und wird beide Hersteller zu einer der nächsten Sitzungen einladen, um ihre Produkte vorzustellen. Danach kann eine Entscheidung getroffen werden.